In dem uns interessierenden Zusammenhang Immobilienkauf bezeichnet ein Share Deal den Erwerb von Anteilen an einer sogenannten Objektgesellschaft, in unserem Falle also an der Livorno GmbH & Co. KG. Nehmen wir also an, die ominöse Dr. Riese Gruppe/die Realinvest erwirbt – sagen wir mal – 75 % der Anteile an den Wohnanlagen der Erbengemeinschaft, die das Eigentum der Livorno GmbH & Co. KG darstellen. Ich gehe mal davon aus, dass die Livorno GmbH & Co. KG ausschließlich zu dem Zweck gegründet wurde, genau diese Wohnanlagen zu erwerben, ein sehr realistisches Szenario. Die GmbH wurde im März 2018 gegründet, im Juni 2018 wurde der Kauf abgeschlossen, der Zeitrahmen ‘passt’ also.
Mit ihren 75 % Anteil erhält die Dr. Riese Gruppe/die Realinvest – um bei dem Beispiel zu bleiben – also nicht einen Anteil an den Immobilien, sondern lediglich an der Livorno GmbH & Co. KG. Vorteil: Bis zu einem Anteil von 95 % müssen die Beteiligungskäufer keine Grunderwerbssteuer zahlen.
Auch für den Verkäufer ist ein ‘Share Deal’ steuerlich interessant, sofern es sich bei dem Erwerber der Immobilie/n um eine Kapitalgesellschaft wie eine GmbH (& Co KG) handelt: Es fallen keine Steuern auf den Veräußerungsgewinn, also auf die Erlöse des Verkaufs, an.
Ein ‘Share Deal’ ist zudem nützlich, wenn es sich um Immobilien handelt, die – aus welchem Grund auch immer – nicht an ausländische Firmen bzw. an Investorengruppen/Fonds verkauft werden dürfen. Die Beteiligung an der ‘Objektgesellschaft’ hingegen stellt kein Problem dar.
Ganz nebenbei eignet sich das Konstrukt des ‘Share Deals’ auch bestens dazu, unter anderem das Vorkaufsrecht in Milieuschutzgebieten auszuhebeln.
Kommentar
Die negativen Auswirkungen von Konstrukten wie dem ‘Share Deal’ auf den Milieuschutz werden von der Politik beklagt. Das ist für mich unverständlich. Der ‘Share Deal’ ist älter als Initiativen des Milieuschutzes. Es wäre ein Leichtes gewesen, alle möglicherweise den Milieuschutz behindernden Maßnahmen der Immobilienwirtschaft auszuschließen. Das ist nicht passiert. Der Mietspiegel steigt ständig und positive Auswirkungen zum Schutz bezahlbarer Mieten bleiben aus. Es werden also vollmundig Gesetze und Initiativen zum Schutz von Mietern verkündet und verabschiedet, jedoch mit kaum messbarem Erfolg (Mietspiegel) oder mit zahlreichen Hintertüren. Die wiederum schützen ausnahmslos das Kapital.
Nicht der Staat ist hilflos bei seinen Bemühungen, den Bürger (und Wähler!) vor den zerstörerischen Kräften eines entfesselten Marktes zu schützen, sondern der Bürger muss hilflos dabei zusehen, wie es die Politik scheinbar unwissentlich versäumt, ‘wasserdichte’ Gesetze zu schaffen. Scheinbar unwissentlich. Denn in der Realität lassen sich Politiker nur zu gern die Gesetzesentwürfe von Lobbyisten diktieren – Schlupflöcher und Ausnahmen inklusive. So bleibt der Schein bemühter Politik gewahrt und die Renditen auch.
Wie lautete doch gleich der vernichtendste Kommentar in Zeugnissen von Schule bis Beruf?
Er/sie hatte sich stets bemüht…