Spitze Schnauze

Ein Eigentümer stellt sich vor

Mit großer Freude (?) wurde heute in der Mieterschaft ein Schreiben der Hausverwaltung BGV im Namen der Livorno GmbH & Co. KG aufgenommen, in der der neue Eigentümer sich vorstellen und alle Fragen rund um Haus und Hof beantworten möchte. In einer der leeren Wohnungen. Ist das nicht toll?

Nun ja, auf den ersten Blick schon. Also, nicht toll. Selbstverständlich eher. Das der neue Eigentümer sich und seine Pläne der Mieterschaft vorstellt, um mit ihr in den Dialog zu treten. Es lässt sich mit gutem Willen alles regeln unter zivilisierten Menschen. Aber da wird es… kompliziert. Aus vielen Gründen.

  1. Das Schreiben erreichte die verunsicherte, aber keineswegs eingeschüchterte Mieterschaft zwei Monate NACH Inbesitznahme durch die neuen Eigentümer. In der Zwischenzeit wurde buchstäblich in der letzten Minute vermietete Dachbodenflächen mit einer völlig aus der Luft gegriffenen Räumungsfrist gekündigt. Ohne, dass überhaupt eine Baugenehmigung gestellt war. Stärke zeigen, einschüchtern. Auf Widerspruch mit Räumungsklage drohen, ersatzweise ‘legale’ Kündigung zum Sommer 2019.
  2. Das Schreiben wurde keineswegs von den ach so interessierten neuen Eigentümern unterschrieben oder gar verfasst, sondern ‘im Auftrag’ von der Hausverwaltung. Name dessen, der die Mieterschaft ‘begrüßen’ möchte? Fehlanzeige. Es wäre ein mittleres Wunder, würde nicht in Vertretung der neuen Eigentümer ein Jurist / Justitiar in wohlmeinender Empathie aufgeschlossen den Sorgen der Mieterschaft lauschen. Es bleibt dem Leser überlassen, für sich zu entscheiden, welcher Teil des Satzes vielleicht einen kleinen ironischen Unterton haben könnte.
  3. Selbstverständlich ist die Grundlage der Einladung aufrichtiges Interesse – und nicht etwa die Sorge, die ‘unkooperativen Mieter’ (so Heidi-Maja Riese laut Mitarbeiter/in), die perfekte Vernetzung mit Politik und Ämtern, die Gründung eines Vereins zur Vertretung der Mieterinteressen, die regelmäßigen Mietertreffen, die Widersprüche, die Einbindung der Mieterschutz-Organisationen von Beginn an, das sehr rege Forum und die wirklich bemerkenswerte und tolle Mietergemeinschaft, der auch ich angehören darf. Ein Schelm, wer Böses dabei denkt. Nein, der dabei denkt. Ein Schelm eben.

Um einiges in aller Deutlichkeit klarzustellen:

Wir sind immer noch kooperationsbereit – wenn wir auf Augenhöhe angesprochen und unsere Sorgen ernst genommen werden.
Es hätte ganz sicher keine Widersprüche gegeben, die Dachbodenräume aufzugeben – mit einer angemessenen Kündigungsfrist und vielleicht auch der Option, im Falle des Scheiterns von Bauanträgen diese möglicherweise wieder anmieten zu können.
Ersatzweise hätte auch eine Räumung von Sperrmüll oder dann aussortierten Dingen auf Kosten der Eigentümer angeboten werden können. Peanuts möglicherweise… Dafür aber ein Anfang von – Kooperation?

Aber, sensibilisiert durch sehr späte (eigentlich für eine echte Glaubwürdigkeit zu späte) Ansprache, ist die Wachsamkeit groß und wird es bleiben. Wir wissen zu genau, mit wem wir es zu tun haben. Der / die neuen Eigentümer werden sich an ihren Taten messen lassen müssen, an der Aufrichtigkeit eines (noch immer möglichen) Dialogs. Es steht ein Paradigmenwechsel bevor in allem, was Wohnen, was Leben betrifft. Auch die ‘bürgerlichen’ Parteien spüren schon den eisiger werdenden Wind im Gesicht bei den Themen Miete, Pflege und Bildung.

Ich kann nicht oft genug daran erinnern: Mieter sind keine Sache, ein Grundbedürfnis kein Wetteinsatz, menschliche Existenzen keine Rendite-Grundlage. Irgendwann haben auch die letzte Hinterbänkler begriffen, dass sie den Ofenplatz in den Parlamenten und Gremien nicht den Stimmen der ‘Investoren’ und Verwerter verdanken – sondern der schieren Masse jener Mieter und Menschen, die zu oft wie Sperrmüll entsorgt wurden – und werden.

Wir freuen uns auf einen echten, einen ernst gemeinten Dialog. Und wir bestehen darauf.

Weil wir es wert sind.

P.S.: Meine Freude war so groß, dass die nette Einladung darunter etwas… gelitten hat. Sorry.

P.P.S.: Die Rubrik ‘Spitze Schnauze’ spiegelt (möglicherweise nicht) nur die persönliche Meinung des Autors wieder.

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