Alle durch Recherche und Rechtsberatung gewonnenen allgemein gültigen Erkenntnisse möchten wir auch allen Interessierten zugänglich machen. Je besser eine wachsende Zahl von Mieter_innen informiert ist, desto besser werden die Chancen, Druck auf die Politik auszuüben und die ‘Heuschreckenplage’ einzudämmen. Es tut Not, die Politik immer und immer wieder darauf hinzuweisen, dass am Ende des Tages mehr Mieter wählen gehen als ‘Investoren’ und andere Steuervermeider.
Der nachfolgende Artikel wurde dem Mieterbereich auf Wunsch des Autors auch im offenen Bereich des Forums überarbeitet veröffentlicht:
Zum konkreten Fall:
Mietern wurde mit einer Frist von vier Wochen Räume im Dachgeschoss gekündigt. Der Grund: ein angestrebter Dachgeschossausbau zu Wohnzwecken. Zwar sieht der Gesetzgeber ausdrücklich die Option einer Kündigung wegen der Schaffung zusätzlichen Wohnraums vor, aber nur dann und auch nur, wenn bereits genehmigte Bauanträge vorliegen. Mal eben vorausschauend kündigen ist – deutlich gesagt – illegal:
§ 573b BGB
Teilkündigung des Vermieters
(1) Der Vermieter kann nicht zum Wohnen bestimmte Nebenräume oder Teile eines Grundstücks ohne ein berechtigtes Interesse im Sinne des § 573 kündigen, wenn er die Kündigung auf diese Räume oder Grundstücksteile beschränkt und sie dazu verwenden will,
1. Wohnraum zum Zwecke der Vermietung zu schaffen oder
2. den neu zu schaffenden und den vorhandenen Wohnraum mit Nebenräumen oder Grundstücksteilen auszustatten.(2) Die Kündigung ist spätestens am dritten Werktag eines Kalendermonats zum Ablauf des übernächsten Monats zulässig.
(3) Verzögert sich der Beginn der Bauarbeiten, so kann der Mieter eine Verlängerung des Mietverhältnisses um einen entsprechenden Zeitraum verlangen.
(4) Der Mieter kann eine angemessene Senkung der Miete verlangen.
(5) Eine zum Nachteil des Mieters abweichende Vereinbarung ist unwirksam.
Fassung aufgrund des Gesetzes zur Neugliederung, Vereinfachung und Reform des Mietrechts (Mietrechtsreformgesetz) vom 19.06.2001 (BGBl. I S. 1149), in Kraft getreten am 01.09.2001
Übersetzt und zum besseren Verständnis der offenbar heillos überforderten Mitarbeiter der Hausverwaltung:
Wenn – wider Erwarten – der Bauantrag zum Ausbau des Dachbodens am Montag, den 13.08.2018 tatsächlich eingereicht werden sollten (eher unwahrscheinlich) und würde man dann die durchschnittliche Bearbeitungsdauer von drei Monaten OHNE mögliche Änderungen / Nachbesserungen zu Grunde legen, würde eine Genehmigung frühestens Mitte Dezember vorliegen, eher aber im Januar. Erst DANN dürften angemietete Räume im Dachgeschoss überhaupt gekündigt werden! Frühestens zum 31.03.2019!
In den Mietverträgen steht zwar eine Kündigungsfrist von einem Monat, nur ist diese unwirksam, da die gesetzliche Frist drei Monate beträgt. Wie im Kaufvertrag für ein Auto oder eine Elektrische Zahnbürste: es gilt IMMER die gesetzliche Kündigungsfrist. Der vermeintlich schlaue Schachzug, den nachträglich abgeschlossenen Vertrag über die Anmietung von Dachgeschoss-Flächen losgelöst vom Mietvertrag der Wohnfläche zu behandeln, ist keiner – man kann es ja mal versuchen…
Reaktion: auf die Rechtslage verweisen, den Raum / die Schlüssel behalten und jeden Versuch einer Öffnung fremder Personen zur Anzeige bringen.
Auch hier zeigt sich, dass die zwischen 4,50 und 9,00 € / Monat investierten Mitgliedsbeiträge für den Berliner Mieterverein gut angelegtes Geld sind.